Bin wieder etwas durch das Netz gerobbt und hier und da findet man ja doch einige Dinge, die man nochmal hervorherheben sollte.Fire&Ice haben mich mit ihrem letzten Album "Fractured Man"( CD-Cover "Fractured Man" ) wieder stark mit solidem Neofolk infiziert, besonders das Stück "Verloschen" wirkt hypnotisch auf mich im positiven Sinne, Dauergast in meiner aktuellen Playlist.Aber gehen wir ein paar Jahre zurück ins Jahr 1995, in dem die Musikzeitschrift Paraneuja ein Interview mit Ian Read führte.Das Interview wurde nie veröffentlicht, Teile davon wurden wohl später von der "Sonic Seducer" publiziert.Kommen wir zum Interview, entliehen aus dem Ikonenmagazin, welches oftmals Fundgrube für interessante Dinge ist.
Halle 2003
Ian Read ist schon ein schwer
durchschaubarer Mensch. Doch wen wundert das, angesichts seiner
Label-Collegen bei World Serpent? Seinen Name sollte 1986 erstmals
Bedeutung erlangen, als er zusammen mit David Tibets Kultformation CURRENT 93
ein rituelles Stück für "Swastikas For Noddy" aufnahm. Seine pastorale
Stimme wird von da an prägnant bleiben. Nach einem kurzen Gastspiel auf
DEATH IN JUNEs "Brown Book" gründete er zwei Jahre später zusammen mit Tony Wakeford
(früher CRISIS, DEATH IN JUNE, ABOVE THE RUINS) SOL INVICTUS. Auf der
ersten LP "Against The Modern World" übernahm er noch nahezu alle
Vokalparts, ebenso auf der großen Japantour, wo er wieder DEATH IN JUNE
und CURRENT 93 unterstützte (zu hören auch auf "In The Jaws Of The
Serpent"). Während der folgenden Veröffentlichungen "Lex Talionis" und
"Trees In Winter" stellte sich schließlich heraus, dass SOL INVICTUS
mehr und mehr zu Wakefords eigener Vision wurde. Read stieg 1990 aus der
Formation aus und ging aus Studiengründen für ein Jahr nach Frankfurt.
Es ist hierzu anzumerken, dass Read des Deutschen außergewöhnlich
mächtig ist und das Interview demnach auch nicht übersetzt werden
musste, was lästige Fehler zu vermeiden half.
Nach
seiner Rückkehr 1992 überredeten ihn alte Freunde, wieder Musik zu
machen: aus diesen Bemühungen resultierte die steckenweise etwas
befremdliche Folk-CD "Gilded By The Sun", erscheinen auf Douglas Pearce'
NER-Label. Aus dem Schriftzug "FIRE * ICE" war deutlich ersichtlich,
dass sich Read mit dem weiten Feld der Chaosmagie beschäftigt: Ein durch
eine Binderune verfremdeter Chaosstern schafft die Verbindung zwischen
den Polen Feuer und Eis. Trübten auf der ersten Veröffentlichung noch
gelegentlich stampfende Computerbeats die melancholischen Balladen,
stellt die zweite "Hollow Ways" einen kleines Meisterwerk der
Apocalyptic Folk-Musik dar. Immer wieder stehen traditionelle Texte im
Vordergrund, die den Bogen in die frühe bis mittelalterliche
nordeuropäische Geschichte schlagen. Sogar eine deutschsprachige Moritat
ist hier vertreten. Die niederländische Runenmagierin Freya Aswynn, die
u.a. schon mit SIX COMM und CURRENT 93 arbeitete, präsentiert hier eine
Art Hymne an Odin auf ihre unnachahmlich schräge Weise. Die künftige
Entwicklung wird wohl weiter in die minimalistische Richtung gehen,
wovon die aktuelle Live-CD "California Daze" zeugt.
Para:
Ian, Deine letzten Veröffentlichung kamen alle aus den USA von einem
Label namens Asafoetida. Kannst Du mir Näheres dazu erzählen?
Read:
ASAFOETIDA ist ein ganzes Medienunternehmen und schließt ein
Aufnahmelabel mit ein. Wir haben viele andere interessante Produkte in
Vorbereitung: Bücher, Videos, usw.
Para: Was gibt es
über die Kalifornier heute zu sagen? Kalifornien war einst eine Hochburg
des Okkultismus; gibt es noch heute eine ausgeprägte Okkultszene?
Read:
Kalifornier, wie alle Amerikaner, werden durch amerikanische Touristen
und die Hollywood Filmindustrie schlecht repräsentiert. In Wirklichkeit,
auf ihrem eigenen Boden, sind sie charmant und höflich und haben mehr
mit Deutschen oder Österreichern gemeinsam als mit der englischen
Kultur. - Die Okkultszene - wie Du sie nennst, ist ein Scherz,
gleichgültig wo, und besteht meist aus unzulänglichen Leuten, die
vorgeben, Superman zu sein. Ich beurteile Menschen nicht danach, wo sie
sich herumtreiben oder wen sie kennen, sondern eher danach, was sie tun
oder fähig sind zu tun. Darin gleichen die Amerikaner den Menschen auf
der ganzen Welt. Manche sind großartig, die meisten jedoch nicht.
Para: Hast Du ein spezifisches Publikum dort?
Read: Das Publikum variiert.
Para: Du erwähnst gelegentlich Dein Interesse an Martial Arts (Kampfkünste). Kannst Du das präzisieren?
Read:
Wie die meisten, die Kampfsportkünste erlernen, begann ich mit
östlichen Systemen (hauptsächlich Jiu Jitsu), aber ich habe jetzt
Kontakt mit einer geheimen, exklusiven Gruppe aufgenommen, die
nordeuropäische Kampftechniken lehrt. Das ganze hängt mit Ásatrú
zusammen und wird nur ásatrúar gelehrt. Es reicht wohl, wenn ich sage,
dass unsere Methoden zumindest ebenso wirksam sind wie die
orientalischen.
Para: Wie und wann kam es zur
Gründung von SOL INVICTUS? War es hauptsächlich Tonys Projekt, oder habt
Ihr es gemeinsam gegründet?
Read: Tony Wakeford und
ich trafen einander, und er lud mich ein, ihm zu helfen, eine Band zu
gründen. Diese Band war SOL INVICTUS. Ursprünglich war sie unsere
gemeinsame Vision, aber Tony hatte zu dieser Zeit mehr mit Musik zu tun
als ich, da meine kreativen Impulse in andere Richtungen gingen, und als
Ergebnis verlagerte sich die Band ganz in seine Hände.
Para: Wie stehst Du zu den alten Songs heute? Auf der "Blood On The Snow"-MCD spielst Du "Michael"...
Read:
Es ist eine Weile her, seit wir "Michael" aufgeführt haben. Die
Vergangenheit ist Vergangenheit, hoffentlich lernt man daraus und geht
zu größeren Dingen über.
Para: Wer ist Charlie McGowan, der auf Deiner letzten CD zwei Lieder spielt?
Read:
Charlie McGowan ist ein Runenzauberer, den ich in Kalifornien getroffen
habe. Asafoetida und ich hatten das Gefühl, dass er auf das Live-Album
"California Daze" gehörte, und so geschah es auch. Wir werden
möglicherweise weiteres Material von ihm in einer späteren Produktion
herausbringen.
Para: Gibt es Filme, Bücher oder Musik, die Dich inspiriert?
Read:
Die meisten Filme werden mit Geld im Hinterkopf gemacht und das
bedeutet Massenanziehung. Das ist einer intelligenten Handlung nicht
dienlich, da eine solche weit über den Kopf der meisten Leute gehen
würde. Meine frühen Einflüsse kamen von Leslie Charteris's
"Saint"-Büchern. Ein gutes Beisiel für den vorhergehenden Satz ist, dass
es in keiner Film- oder Fernsehserie je eine richtige Darstellung von
Simon Templar gegeben hat. Später entdeckte ich einen richtigen Hammer,
"Shibumi" von Trevanian (in BRD bei Knaur, d.A.), der, obwohl ein
populärer Reißer, ein elitäres Leitbild par excellence ist. Okkulte
Bücher sind hauptsächlich Mist, daher lese ich akademische Quellen und
bilde meine eigene Meinung. Natürlich schulden alle von uns, die mit
nordischer Magie zu tun haben, Edred Thorsson große Dankbarkeit für
alles, was er auf diesem Gebiet geleistet hat. - Zur Musik: Ich höre mir
nur wenig an, und dann ist es hauptsächlich klassische oder Folkmusik
wie Strawhead, Sandy Denny, Esbat Music und andere.
Para:
Sollte Dein Publikum "okkulte" Erfahrung besitzen, um die Musik von
FIRE * ICE zu verstehn? Interessanterweise geht es in den Lieder selbst
selten offensichtlich um Magie.
Read: Jeder hat schon
solche Erfahrungen gehabt. Alter und unsere Eltern programmieren uns
darauf, sie aus unserem Geist herauszufiltern. Viel von Magie hat damit
zu tun, zu lernen, wieder in der "einfachen" Welt unserer Kindheit zu
leben, aber mit einem Bein in der "wirklichen" Welt. Das kann nicht mit
Worten erklärt werden, deshalb schreibe ich nur selten über Magie: es
hängt alles mit TUN zusammen. - Musik spricht hauptsächlich das an, was
allgemein Unbewusstes genannt wird, und das versteht auf jeden Fall mehr
als unser "gewöhnliches" Bewusstsein.
Wer unter den Lesern sich eine Einführung in chaosmagische Praktiken
gönnen möchte, sollte zu Peter James Carrolls"Liber Kaos" (Edition
Ananael) oder Nick Halls "Chaos und Hexenzauber" (Bohmeier Verlag)
greifen.
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